Einen ersten Prototypen für Kontaktlinsen mit virtuellem Display hat
eine Forschergruppe um Professor Parviz im Jahr 2007 vorgestellt. Dem
Forscher-Team ist es erstmals gelungen, eine flexible und biologisch
verträgliche Kontaktlinse mit elektronischen Schaltkreisen und Light
Electronic Displays (LEDs) auszustatten.
© Universität Washington
Mega-Bild aus Mini-Linse
REUTERS
Kontaktlinse: Der Riesenbildschirm der Zukunft?
Entweder ist der Bildschirm zu klein oder
das Handy zu groß: Smartphone-Nutzer sind mit den Displays ihrer Geräte
eigentlich nie zufrieden. Ein Forschungsprojekt soll das Dilemma
beenden. Künftig könnten Kontaktlinsen das Handybild direkt auf dem Auge
abbilden - riesengroß.
Seattle - US-Forscher wollen das Jammern über zu kleine
Handy-Bildschirme durch eine raffinierte Sehfelderweiterung beenden: Sie
haben in eine Kontaktlinse ein winziges Display aus Leuchtdioden
eingebaut, das Bilder und Texte von mobilen Geräten direkt ins Auge
projiziert. Die Beschränkungen herkömmlicher Handy-Bildschirme - sie
sind entweder zu klein oder machen das Gerät durch ihre Größe unhandlich
- könnten auf diese Weise aufgehoben werden.
Außerdem sollen die Hightech-Kontaktlinsen professionellen
Mini-Bildschirmen Konkurrenz machen, wie sie beispielsweise von Piloten,
Servicetechnikern oder Computerspielern als Brille am Kopf getragen
werden. Diese sogenannten Head-Mounted-Displays sind zwar ebenfalls sehr
platzsparend aber deutlich unhandlicher als der nun gezeigte
Kontaktlinsen-Bildschirm.
Den benötigten Strom bezieht die Display-Kontaktlinse drahtlos über
eine Schleifenantenne, die in die durchsichtige Linse eingebettet ist.
Ähnliche Systeme verwendet beispielsweise
Palm, um das
Smartphone Pre schnurlos aufzuladen; Computerhersteller Dell
nutzt die Technik,
um
das superflache Notebook Latitude Z600 mit Strom zu versorgen.
Das Team um Babak Parviz von der University of Washington in Seattle
wird einem Bericht des Wissenschaftsmagazins "New Scientist" zufolge
Ende November einen Prototypen des Hightech-Displays auf der Biomedical
Circuits and Systems Conference in Peking vorstellen.
Ein Kaninchen als Test-Gucker.
Die Display-Kontaktlinse durchbricht eine grundlegende Beschränkung
mobiler Informationssysteme: Die Im-Auge-LEDs sollen deutlich mehr
Inhalt als herkömmliche Bildschirme abbilden können und dabei das
gesamte Sehfeld des Menschen ausnutzen. "Wir werden damit große Bilder
erzeugen, die in 50 bis 100 Zentimeter Abstand vor dem Auge zu schweben
scheinen", kündigt der Nanotechnik-Spezialist Parviz an. Getestet wurde
der Prototyp bisher allerdings nur an einem Kaninchen.
Um die Elektronik in die Kontaktlinse zu integrieren, mussten die
Forscher tricksen, denn Kunststoffe vertragen sich nicht mit den
Chemikalien und den hohen Temperaturen, die bei der Herstellung von
Schaltkreisen verwendet werden. Deshalb wurden die Dioden und Antennen
separat gefertigt und dann in feine Rillen der Linse eingesetzt. Nun
will Parviz noch die Informations- und Stromanlieferung für das Display
verbessern: "Künftig soll ein Handy mit den Informationen auch gleich
die Energie mitliefern."
Eine Erweiterung der Realität
Vor allem die sogenannte Augmented Reality, bei der Informationen zur
direkten Umgebung auf dem Bildschirm eingeblendet werden, könnten von
Parviz-Forschungsergebnissen profitieren. Navigationspfeile,
Beschreibungen von Gebäuden, Bedienungsanleitungen oder auch
Sprachübersetzungen könnten via Kontaktlinsen-Display sehr viel
plastischer in ein digitales Abbild des Umfelds eingeblendet werden.
"Eine Kontaktlinse, die virtuelle Grafiken nahtlos in die reale Welt
einfügt, bedeutet einen gewaltigen Fortschritt", sagt der
Augmented-Reality-Experte Mark Billinghurst von der University of
Canterbury in Neuseeland. "Dieser Prototyp ist der erste wichtige
Schritt in diese Richtung, obschon es bis zur Kommerzialisierung dieser
Idee noch Jahre brauchen wird."
mak/ddp